Royales Greenwashing

Zuerst die DWS, nun die RBC. Die Royal Bank of Canada, der größte Kreditgeber Kanadas steht unter Ermittlung durch die kanadische Wettbewerbsbehörde. Ähnlich wie bei der DWS, dem Vermögensverwalter der Deutschen Bank, lautet auch hier der Vorwurf: Irreführende Werbung im Zusammenhang mit den Klimaschutzverpflichtungen der Bank. Denn entgegen der wohlklingenden Klimaversprechungen, hielt die Bank an der Finanzierung neuer fossiler Energieunterfangen in großem Umfang fest.

Die RBC ist der fünftgrößte Geldgeber für die Entwicklung und dem Ausbau fossiler Brennstoffe unter den 60 größten Privatbanken der Welt und der größte unter den Banken in Kanada, zeigen Recherchen.[1] In massivem Umfang wurde zum Beispiel die Erdgaspipeline Coastal GasLink in British Columbia, Kanada, finanziert, die von Dawson Creek durch die kanadischen Rocky Mountains nach Kitimat verläuft, von wo das Gas an asiatische Kunden exportiert wird.

Im Jahr 2021 beliefen sich die Finanzierungen der RBC für fossile Unternehmen auf insgesamt 34,4 Milliarden US-Dollar in Form von Krediten und Emissionsübernahmen und 50,4 Milliarden US-Dollar in Form von Investitionen. Seit der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens im Dezember 2015 hat die RBC mehr als 201 Milliarden US-Dollar in Form von Krediten und Underwriting-Dienstleistungen für die fossile Brennstoffindustrie bereitgestellt.[2] Und gleichzeitig massiv damit geworben, bis 2050 Netto-Null-Emissionsziele anzustreben.

Auf Antrag sechs kanadischer Bürger*innen mit Unterstützung der Umweltgruppen Ecojustice und Stand.Earth Anfang dieses Jahres, entschied die kanadische Wettbewerbsbehörde, die Untersuchung gegen die Royal Bank of Canada aufzunehmen. Die kanadische Wettbewerbsbehörde ist eine unabhängige Strafverfolgungsbehörde, die für den Schutz kanadischer Verbraucher*innen vor irreführenden und falschen Aussagen von Unternehmen zuständig ist. Die Kund*innen fühlten sich getäuscht und beklagten die „mutmaßlich irreführenden Marketingpraktiken der Bank“ (Seite 2 des Antrags).[3]

Weltweit wächst das Klimabewusstsein. So auch bei Investoren, die zunehmend ESG-Strategien (Environmental, Social, Governance-Kriterien) in ihre Investmententscheidungen einfließen lassen. Mangelnde Transparenz sorgt bei Anleger*innen oft für Unsicherheit. Die Folge ist eine Welle von Klagen gegen Unternehmen, die falsche Klimabehauptungen aufstellen.[4] Zunehmend mit Erfolg: das kanadische Unternehmen Keurig wurde jüngst zu einer Strafe von 3 Millionen US-Dollar wegen irreführenden Angaben über die Wiederverwendbarkeit ihrer Einweg-Kaffee-Pads verurteilt.[5] Die Untersuchungen gegen die DWS zu dem Vorwurf des Prospektbetrugs laufen derzeit und sorgen immer noch nachhaltig für Furore.[6] Regulierungsbehörden weltweit sind zunehmend besorgt über die systematische Grünfärberei bei vermeintlich nachhaltigen Investments durch Finanzinstitute und Vermögensverwalter, kurz: Greenwashing. Selbstverständlich ist das nicht nur ein Problem der Finanzinstitute, sondern auch der Unternehmen selbst: Mittlerweile nimmt vonseiten der Kontrollbehörden auch die Bereitschaft zu, gegen Unternehmen vorzugehen, die der Öffentlichkeit gegenüber falsche Angaben bei ihren Klimazielen machen.

Wenn sich die die Vorwürfe der Bürger*innen durch die Wettbewerbsbehörde bestätigen lassen, könnte die RBC dazu gezwungen werden, ihre irreführenden Werbemaßnahmen in Bezug auf Klimaschutz zu stoppen. Darüber hinaus fordern die Kläger*innen eine Geldstrafe in Höhe von 10 Millionen US-Dollar, die an den „Environmental Damages Fund“ und für Klimaschutz-Initiativen kanadischer Ureinwohner gezahlt werden sollen.

Die nun jüngste Ermittlung gegen ein Unternehmen wegen Verdachts des Greenwashing nehmen ihren Anfang kurz vor Beginn der in Ägypten stattfinden 27. UNO-Klimakonferenz (COP27). Im vergangenen Jahr stand in Glasgow die praktische Umsetzung des Kohle-, Gas- und Ölausstiegs im Zentrum. Ein Forum mit solch einer Strahlkraft muss darauf hinweisen, dass mit Greenwashing am Ende niemandem geholfen ist: weder den Finanzinstituten, Vermögensverwaltern oder Unternehmen selbst, noch den Verbraucher*innen und schon gar nicht dem Planeten. Zu oft ist es die Zivilgesellschaft, auf deren Druck irreführende Praktiken entlarvt werden. Dies zeigt wiederholt, dass bürgerschaftliches Engagement und zivilgesellschaftliche Organisationen bei dem Kampf für Klimagerechtigkeit unerlässlich sind.

 

Autorin: Frederike Potts

 

[1] https://www.ran.org/wp-content/uploads/2020/03/Banking_on_Climate_Change__2020_vF.pdf

[2] https://www.stand.earth/rbc-under-investigation-climate-claims

[3] https://ecojustice.ca/wp-content/uploads/2022/07/2022-06-10-Complaint-to-Competition-Bureau-re_-RBC-climate-representations-Final.pdf

[4] https://aboutblaw.com/1fq

[5] https://elaw.org/keurig-fined-ca-3-million-false-advertising

[6] https://www.facing-finance.org/de/2022/06/nachhaltige-investments-der-dws-zu-risiken-und-nebenwirkungen-lesen-sie-diesen-artikel-und-befragen-sie-die-bafin-oder-das-bka/