Rechtliche Auseinandersetzungen mit Energieversorger & Mineralölkonzern

Die Zahl der klimabedingten Klagen gegen Konzerne steigt weltweit an. Unlängst gab es zwei Rechtsstreitigkeiten gegen den polnischen Energieversorger Enea S.A. und den US-amerikanischen Mineralölkonzern ExxonMobil.

Gerichtsurteil zum letzten polnischen Kohlekraftwerk „Ostrołęka C“

Die gemeinnützige Rechtsorganisation ClientEarth hat im Oktober 2018 Klage gegen den polnischen Energieversorgungskonzern Enea S.A. eingereicht. Speziell ging es um das Kohlekraftwerk „Ostrołęka C“, welches aus einem Joint-Venture der Unternehmen Enea und Energa hervorgehen soll.

ClientEarth ist Aktionärin von Enea und der Ansicht, dass der Beschluss zur Baugenehmigung zu Unrecht genehmigt wurde. Als Grund hierfür wurde zum einen angeführt, dass es sich um eine unzulässige Anweisung an den Vorstand gehandelt haben soll und somit rechtlich unwirksam war. Außerdem soll das wirtschaftliche Interesse der Aktionäre infolge klimabedingter finanzieller Risiken beeinträchtigt worden sein. Ein Gericht hat nun festgestellt, dass die Baugenehmigung des 1,2 Milliarden Euro teuren Kohlekraftwerks tatsächlich rechtsunwirksam erteilt worden war. Damit ist die Zukunft des umstrittenen Kohlekraftwerkes ungewiss.[1]

Umstritten ist das Projekt aus mehreren Gründen. Zum einen ist das Projekt bislang nicht komplett finanziert und es fehlen weiterhin rund 685 Millionen Euro. Hauptkritikpunkt ist allerdings die fehlende Wirtschaftlichkeit des Projekts. Ausgesetzt ist das Kohlekraftwerk unter anderem sinkender Kosten erneuerbarer Energien und steigender CO2-Preise.[2] Zudem wird „Ostrołęka C“ mindestens acht Monate lang mit finanziellen Sanktionen zu kämpfen haben, die aus der Nichterbringung ihres Versprechens zu Lieferung von Elektrizität auf dem polnischen Kapazitätsmarkt resultieren.[3]

Kritische Stimmen kommen sowohl von Shareholdern als auch von Energiemarktexpert*innen. Der Vermögensverwalter Legal & General Investment Management, welcher sowohl in Enea als auch Energa investiert ist, hat Bedenken bezüglich der Zukunft des Projekts und seines finanziellen Erfolgs geäußert. Auch der ehemalige Präsident der Polish Energy Group hat das Projekt als sinnlos bezeichnet und der Leiter von ClientEarth Polen (Marcin Stoczkiewicz) sieht in dem Projekt eine unnötige Belastung für den Staat und die Steuerzahler*innen, mit keinerlei Notwendigkeit für die nationale Energiesicherheit.[4]

Rechtsstreit zwischen ExxonMobil und der New Yorker Generalstaatsanwaltschaft

Im Oktober 2018 reichten New Yorker Staatsanwälte Klage gegen den Mineralölkonzern ExxonMobil ein. Der zugrundeliegende Rechtsstreit behandelt ExxonMobil´s möglichen Investorenbetrug durch Irreführungen bezüglich der finanziellen Risiken, denen Exxon durch Klimaschutzvorschriften ausgesetzt ist.[5] Nun zeigen neuste Meldungen zu dem Fall, dass Exxon äußerst fragwürdige Methoden im Zuge des Rechtsstreits anwendet.

New Yorker Staatsanwälte beschuldigen den Mineralölkonzern, dass er potenzielle Zeug*innen davon abhalten möchte auszusagen. Gerichtsakten zeigen, dass Exxon Briefe an mehrere Shareholder-Aktivist*innen und Anlageberater*innen geschrieben hat, welche die Staatsanwaltschaft in den Zeugenstand aufnehmen will. Exxon informierte diese Personen, dass sie im Falle einer Aussage zusätzlich eine sogenannten „Subpoena“[6] von Exxon erhalten und somit relevante Dokumente zur Verfügung stellen müssen. Durch ihre Investments in Exxon sowie ihre Beteiligung bei Klimawandelthemen sind die Zeugenaussagen dieser Personen von enormer Bedeutung für den Fall. Ein Anwalt der New York Generalstaatsanwaltschaft schrieb, dass diese Aufforderungen dazu führen könnten, die Zeug*innen unverhältnismäßig hoch zu belasten, um sie dadurch abzuhalten freiwillig auszusagen und den Zeitplan des Prozesses dadurch zu stören.[7]

Angesichts dieser Rechtsstreitigkeiten zeichnet sich ab, dass Investments in Konzerne, die ökologisch bedenklich sind und Governanceprobleme aufweisen, auf lange Frist weniger rentabel werden. Nicht nur darum lautet der Appell von Facing Finance, informierte Anlageentscheidungen unter Berücksichtung von ESG-Kriterien zu treffen sowie bei der Bankauswahl die Hilfestellung durch den Fair-Finance-Guide wahrzunehmen.

 

[1]ClientEarth (2019): “Court win in world-first climate risk case puts future of Ostrołęka C coal plant in question”, siehe: https://www.clientearth.org/press/court-win-world-first-climate-case-ostroleka-c-future-in-question/

[2]MarketsInsider (2019): “CO2 European Emission Allowances” – BusinessInsider, abgerufen am 15.08.2019 siehe: https://markets.businessinsider.com/commodities/co2-european-emission-allowances

[3]ClientEarth (2019): “Court win in world-first climate risk case puts future of Ostrołęka C coal plant in question”, siehe: https://www.clientearth.org/press/court-win-world-first-climate-case-ostroleka-c-future-in-question/

[4]ClientEarth (2019): “Court win in world-first climate risk case puts future of Ostrołęka C coal plant in question”, siehe: https://www.clientearth.org/press/court-win-world-first-climate-case-ostroleka-c-future-in-question/

[5]Hasemyer D. (2018): “New York AG Sues Exxon, says Oil Giant Defrauded Investors Over Climate Change” – Inside Climate News, siehe: https://insideclimatenews.org/news/24102018/exxon-climate-fraud-lawsuit-new-york-attorney-general-investigation-tillerson

[6]Cambride Dictionary (2019): “Subpoena”, siehe: https://dictionary.cambridge.org/de/worterbuch/englisch/subpoena

[7]Kusnetz N., Hasemyer D. (2019): “Exxon Accused of Pressuring Witnesses in Climate Fraud Case” – Inside Climate News, siehe: https://insideclimatenews.org/news/06082019/exxon-climate-fraud-investigation-witness-pressure-investors-new-york-attorney-general