Presseerklärung: Europas TOP Banken nutzen Steueroasen für Milliardengewinne – Auch Deutsche Bank und Commerzbank machen mit

(Berlin/Paris) – 27. März 2017 – Eine heute von Oxfam International und dem Fair Finance Guide International vorgestellte Studie belegt, dass Europas 20 größte Banken über ein Viertel ihrer Gewinne in Steueroasen erzielen – ein Ergebnis, dass im krassen Missverhältnis zu den realen wirtschaftlichen Aktivitäten der Banken in diesen Ländern steht. Die Studie „Opening the Vaults“ führt dieses Missverhältnis darauf zurück, dass Banken (1) Steueroasen dazu nutzen, um die Zahlung ihres fairen Anteils an Steuern zu vermeiden, (2) ihren Kunden Steuerhinterziehung und –umgehung ermöglichen sowie (3) Regulierungen und gesetzliche Anforderungen umgehen.
Die Recherche basiert auf den neuen Transparenzanforderungen der EU, wonach europäische Banken detailliert über Gewinne und Steuerzahlungen in allen Ländern berichten müssen, in denen sie aktiv sind (Country-by-Country Reporting).

Die Fakten im Überblick:

• 26% der Gewinne der 20 größten europäischen Banken (ca. 25 Mrd. €) wurden 2015 in Steueroasen erwirtschaftet – wohingegen dort nur 12% der Bankenumsätze und 7% der Belegschaften zu verorten sind.
• Tochterunternehmen in Steueroasen sind im Durchschnitt doppelt so lukrativ für Banken wie in anderen Ländern. Für €100 Umsatz erwirtschaften Banken 42€ Gewinn in Steueroasen verglichen mit nur 19€ im weltweiten Durchschnitt.
• Angestellte europäischer Banken in Steueroasen sind den Zahlen nach 4 Mal produktiver und generieren im Schnitt 171.000€ im Jahr, verglichen mit 45.000€ des Durchschnitts-Angestellten.
• Luxemburg und Irland sind die bei den Banken beliebtesten Steueroasen, mit fast einem Drittel der Gewinne die 2015 in Steueroasen verbucht wurden. In der Steueroase Luxemburg wurden Gewinne in Höhe von fast 5 Mrd. € erwirtschaftet – mehr als in Großbritannien, Schweden und Deutschland zusammen.
• Banken zahlen in der Regel nur sehr geringe oder gar keine Steuern auf ihre Gewinne in Steueroasen. In Irland beispielsweise zahlten europäische Banken nur einen effektiven Steuersatz von 6%, die Hälfte des nationalen Regelsteuersatzes.

„Auch die Deutsche Bank und die Commerzbank verbuchten in 2015 massive Gewinne in Steueroasen, zusammen 2,2 Mrd. Euro“, kritisiert Thomas Küchenmeister, geschäftsführender Vorstand der Organisation Facing Finance, die den Fair Finance Guide in Deutschland koordiniert.

Die Commerzbank zeigt sich beispielsweise in Bezug auf ihre vergleichsweise hohe Arbeitsproduktivität bzw. Profitabilität in Steueroasen auffällig. So erwirtschaftet der durchschnittliche Commerzbank-Angestellte in Deutschland nur 50.000€ im Jahr, während sein Commerzbank-Kollege in Steueroasen ganze 260.000€ Gewinn im gleichen Zeitraum generiert. Auch die Profitabilität der Commerzbank ist mit 51€ Gewinn pro 100€ Umsatz in Steueroasen fast doppelt so hoch wie im internationalen Durchschnitt der Bank, die in 2015 Gewinne von mehr als 300 Mio. Euro in Steueroasen verbuchte.

Auch bei der Deutschen Bank deuten die Daten der Länderberichterstattung auf eine Gewinnverschiebung hin. So verbuchte die Bank 2015 annähernd 2 Mrd. € an Gewinnen in Steueroasen – wohingegen global ein Verlust von 6,1 Mrd. € deklariert wurde. Insbesondere in der Steueroase Luxemburg, wo 1,2 Mrd. € Gewinn verbucht wurden, ist die Profitabilität der Angestellten mit durchschnittlich 2 Mio. € pro Angestellten und Jahr bzw. 74€ Gewinn pro 100€ Umsatz außergewöhnlich hoch.

Steuervermeidung und Steuerhinterziehung, wie von weltweit agierenden Unternehmen und Finanzdienstleistern betrieben, führen dazu, dass Länder um ihre gerechten Steuereinnahmen betrogen werden. Dabei werden die Länder des globalen Südens in der Regel am härtesten getroffen. So wird geschätzt, dass Steuerhinterziehung durch multinationale Unternehmen arme Länder fast 100 Mrd. € jedes Jahr kostet – Geld, das für wichtige Investitionen in Bildung, Gesundheit, wirtschaftliche Entwicklung und Infrastruktur fehlt.

„Oft zahlen Banken überhaupt keine Steuern auf ihre Profite in Steueroasen“, stellt Thomas Küchenmeister fest und verweist darauf, dass in 2015 europäische Banken nicht einen Euro Steuern auf 383 Millionen Euro ihrer Gewinne in Steueroasen gezahlt haben. „Auch Deutschland agiert gegenüber ausländischen Anlegern in Teilen selbst wie eine Steueroase,“ so Küchenmeister.

Transparenzinitiativen, wie die Länderberichterstattung von der EU, sind ein wichtiges Mittel für den weltweiten Kampf gegen Steuerhinterziehung. Ein neuer Vorschlag der Europäischen Kommission, welche die Länderberichterstattung auf andere Industrien ausweiten will, beschränkt sich jedoch auf Unternehmen mit einem Umsatz ab 750 Mio. € – und lässt damit fast 90% der multinationalen Unternehmen außen vor.

Grundvoraussetzung für mehr Steuergerechtigkeit gegenüber den Ländern des globalen Südens ist deshalb mehr Transparenz und eine Ausweitung der Berichterstattung auf alle multinationalen, weltweit agierenden Unternehmen.

Diese Meldung im pdf-Format

Kontakte:

Thomas Küchenmeister
Geschäftsführender Vorstand Facing Finance
+49 0175 4964 082
kuechenmeister@facing-finance.org

Anna Ratcliff
Oxfam International
anna.ratcliff@oxfaminternational.org

Hier finden Sie den vollständigen Bericht zum Download, sowie die Anhänge (inkl. Methodik, Liste der berücksichtigten Steueroasen und Limitationen der Analyse) und die verwendeten Daten.