Brasiliens Präsident Temer „vergoldet“ geschützten Amazonas-Regenwald

In der vergangenen Woche hat der derzeit wegen Korruption angeklagte brasilianische Präsident Temer per Dekret ein riesiges Naturschutzgebiet im Amazonas-Regenwald zur Rohstoff-Ausbeutung freigegeben. Das Naturschutzgebiet befindet sich im Nationalpark Reserva Nacional do Corbe e Assiciados (Renca) in den nördlichen Bundesstaaten Amapá und Para. Die Fläche des freigegebenen Gebietes beträgt vier Millionen Hektar. Das entspricht ungefähr der Fläche von der Größe Dänemarks. ((http://www.heute.de/goldsucher-im-amazonasgebiet-brasilien-gibt-urwald-fuer-bergbau-frei-47826084.html))

Dass Präsident Michel Temer das Gebiet nun freigegeben hat, kam sehr überraschend. In dem riesigen Areal werden größere Mengen vor allem an Gold, aber auch an anderen Rohstoffen wie Kupfer und Mangan vermutet. ((http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/amazonas-brasilien-gibt-naturpark-fuer-bergbau-frei-a-1164346.html)) Schon seit den 60er Jahren interessieren sich brasilianische und ausländische Unternehmen für einen Abbau in dieser Region. 1984 entschied die damalige Militärdiktatur dieses Gebiet zu einem Nationalpark zu deklarieren. Allen Gründen voran, um die Region vor der Ausbeutung ausländischer Unternehmen zu schützen. ((http://www.heute.de/goldsucher-im-amazonasgebiet-brasilien-gibt-urwald-fuer-bergbau-frei-47826084.html))

Brasiliens Bergbauminister verteidigte die Entscheidung jetzt damit, dass man neue Investoren anlocken wolle. Darüber hinaus profitieren alle durch mehr Wohlstand und man schaffe dadurch neue Arbeitsplätze. ((https://amerika21.de/2017/08/183584/brasilien-raubbau-amazonas)) Kritiker sehen diese Entscheidung jedoch sehr skeptisch. Zum einen werden verheerende Umweltschäden im Regenwald nördlich des Amazonas vermutet, zum anderen leben in dieser Region zwei indigene Völker, die Aparai und die Wajana. Sie leben schon seit Jahrhunderten abgeschieden im Regenwald. Deren selbstbestimmtes Leben stünde ebenso auf dem Spiel. ((http://www.taz.de/!5436261/)) Michel de Souza Santos vom WWF Brasilien schätzt diese Entscheidung als unverständlich ein, dass die Regierung „ohne Dialog und ohne jede Transparenz ein Dekret erlässt, dass den Abbau von Mineralien erlaubt und indigene Ethnien sowie den Umweltschutz im Herzen des Amazonas gefährdet.“ ((https://amerika21.de/2017/08/183584/brasilien-raubbau-amazonas)) Randolphe Rodrigues, Senator aus dem Bundesstaat Amapá bezeichent diese Entscheidung als „eine der schlimmsten Verbrechen gegen den Amazonas Regenwald seit 1970“. ((https://www.swr.de/swr2/kultur-info/brasilien-bergbau-amazonas-regenwald/-/id=9597116/did=20186778/nid=9597116/11mfhgd/index.html))

Menschenrechtler und Umweltschützer fürchten zudem, dass mit der Erschließung des Gebietes durch Straßen und andere Infrastruktur auch die illegalen Handlungen in der Region ansteigen. Bisher galt der Amazonas als natürliche Grenze und der nördlichere Teil des Regenwaldes verblieb weitestgehend unberührt. Nun könnte der Druck auf dieses Gebiet steigen. Illegale Landgeschäfte, illegale Besetzungen von staatlichem Land, verbotener Holzeinschlag, Rodungen und noch mehr Goldsucher stünden dann auf der Tagesordnung. Wie schon in anderen Teilen des Amazonasbeckens geschehen. ((https://www.swr.de/swr2/kultur-info/brasilien-bergbau-amazonas-regenwald/-/id=9597116/did=20186778/nid=9597116/11mfhgd/index.html))

Allein im vergangenen Jahr sind im brasilianischen Amazonasgebiet knapp 3.000 Quadratkilometer Regenwaldfläche zerstört worden. Mehr als 20 Prozent der Entwaldung fand dabei in Schutzgebieten statt. ((http://www.heute.de/goldsucher-im-amazonasgebiet-brasilien-gibt-urwald-fuer-bergbau-frei-47826084.html)) In den vergangenen Jahrzehnten hat Brasiliens Amazonasurwald schon rund ein Fünftel seiner ursprünglichen Fläche verloren, hauptsächlich südlich des Amazonas-Flusses, ((http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/brasilien-riesiger-urwald-soll-rohstoff-minen-weichen-15166089.html)) Tendenz steigend. Eine Studie der Weltbank gibt an, dass bis 2025 etwa 20 Prozent des Regenwaldes im Amazonasgebiet zerstört sein werden, doch diese Marke ist jetzt schon nahezu erreicht. Bis 2075 wird vermutet, dass bei der aktuellen Entwicklung die Hälfte der ursprünglichen Regenwaldfläche unwiederbringbar zerstört sein könnte. ((http://documents.worldbank.org/curated/pt/228631468015874565/pdf/580370PUB0Asse10Box353792B01PUBLIC1.pdf))

Lokalpolitiker, Menschenrechtsaktivisten und Umweltschützer protestieren und hoffen, diese Entscheidung noch wiederrufen werden kann. Ein brasilianischer Richter setzte das Dekret aus, mit der Begründung, nur der Kongress könne darüber entscheiden. Die Generalstaatsanwaltschaft hat aber bereits Berufung eingelegt. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass die einstweilige Verfügung bald wieder aufgehoben wird. ((http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/brasilien-gericht-stoppt-plan-von-michel-temer-fuer-bergbau-in-naturpark-a-1165392.html)) Gegen Präsident Temer laufen bereits mehrere Verfahren wegen Korruption, Behinderung der Justiz und wegen der Teilhabe an einer kriminellen Organisation. Dennoch hat die Abgeordnetenkammer der Einleitung eines Strafverfahrens noch nicht mit der nötigen 2/3 Mehrheit zugestimmt. ((http://derstandard.at/2000062137721/Brasiliens-Abgeordnete-stimmen-ueber-Suspendierung-von-Praesident-Temer-ab)) Temer setzt bei seinen Entscheidungen fest auf die Stimmen der Agrarfraktion und der Parteien, die von der Großindustrie unterstützt werden. ((https://www.swr.de/swr2/kultur-info/brasilien-bergbau-amazonas-regenwald/-/id=9597116/did=20186778/nid=9597116/11mfhgd/index.html))