Greenwashing bei der Deutschen Bank: Kautschuk-Plantagen in Kamerun

Die Deutsche Bank hat das Ziel ausgegeben, bis Ende 2023 mindestens 200 Milliarden Euro nachhaltige Investments zu finanzieren.[1] Vor einem Jahr kündigte sie zudem einen „innovativen, neuen Kredit“ für die Firma Corrie MacColl Plantations Pte Ltd an, die damit Investitionen in ihre Kautschuk-Plantagen in Kamerun und Malaysia finanzieren will. Die Deutsche Bank versucht, diesen Kredit als besonders nachhaltig darzustellen.[2]  Im Juni 2020 erhielt Corrie MacColl den $25 Millionen Kredit mit 3 Jahren Laufzeit und der Option, den Kreditrahmen auf $50 Millionen zu erhöhen.[3] Nun will die Deutsche Bank Mitte 2021 die zweite Tranche des Millionenkredits auszahlen.[4]

Corrie MacColl Limited wurde 2018 von Halcyon Agri gekauft und ist seitdem ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Halcyon Agri Corp Ltd., die an der Börse in Singapur gelistet ist (ISIN: SG2F48989824). 55% der Aktien von Halcyon Agri werden von der Firma Sinochem International Corp (ISIN: CNE0000011R3), Teil des chinesischen Staatskonzerns Sinochem Group, gehalten.[5] Halcyon Agri besitzt Fabriken zur Verarbeitung von Kautschuk sowie riesige Kautschukplantagen, unter anderem in Kamerun.[6] Die beiden Tochterfirmen Hévéa Cameroun SA (Hevecam) und Sud-Cameroun Hévéa (Sudcam), die in Kamerun Kautschuk anbauen, sind bei Corrie MacColl untergegliedert.[7]

Während der Kautschuk-Konzern 80% an Sudcam besitzt, ist die Identität des Minderheitsanteilseigners, der die restlichen 20% hält, unbekannt. Vermutlich verbirgt sich dahinter ein hohes Regierungsmitglied aus Kamerun, womöglich aus der Präsidentenfamilie.[8] Dafür spricht, dass sich Halcyon Agri beharrlich weigert, die Identität des Minderheitsanteilseigners preiszugeben. Auffällig ist außerdem, dass die Plantage von Sudcam nur sieben Kilometer entfernt liegt vom Heimatdorf des Präsidenten Paul Biya, wo dieser eine Villa mit Sicherheitskomplex und Landebahn besitzt.[9]

Generell ist das Vorgehen von Sudcam hoch umstritten und passt nicht dazu, dass die Deutsche Bank versucht, den Kredit als nachhaltig darzustellen. So werden Sudcam Menschenrechtsverletzungen, die Vertreibung indigener Bevölkerungsgruppen, Abholzung und die Verschmutzung von Gewässern vorgeworfen.[10] Laut Greenpeace ist Sudcam – mit über 10.000 Hektar gerodetem dichten Regenwald – verantwortlich für die verheerendste neue Abholzung der letzten Jahre im Kongobecken, dem nach dem Amazonasgebiet zweitgrößten Regenwald der Welt.[11] Bemerkenswert ist auch der Ort der Rodungen, direkt am UNESCO Welterbe Dja Faunal Reserve, Heimat vieler gefährdeter Gorillas, Schimpansen und Waldelefanten.[12] Bei der Standortwahl der Kautschuk-Plantagen wurde keine Rücksicht genommen auf die ca. 30 lokalen Communities, die im konzessionierten Gebiet Land besitzen, das aber häufig nicht offiziell als privater Landbesitz registriert wurde.[13] Da nach kamerunischem Recht nur bei registriertem privaten Landbesitz Entschädigungszahlungen notwendig sind, verloren einige indigene und ländliche Communities ihr Land, ohne dafür entschädigt zu werden.[14] Die Forderung der Indigenen, das Konzessionsgebiet zu verschieben, um ihre Waldcamps, die ihnen als Basen zum Jagen, Fischen und Sammeln dienten, sowie die dortigen heiligen Stätten zu retten, wurde abgelehnt.[15]

Hinzu kommt, dass die Konzession an Sudcam wohl auch kamerunisches Recht verletzt hat, da Teile des Gebiets bereits an zwei Holzernteunternehmen vergeben waren und nur unbesetztes Land konzessioniert werden darf.[16] Vermutlich hat die bereits beschriebene Verbindung von Sudcam zur kamerunischen Regierungselite es dem Unternehmen ermöglicht, trotzdem die Konzession zu erhalten.[17] Die Identität des Minderheitsanteilseigners könnte auch der Grund für die sehr vorteilhaften Konditionen sein, die Sudcam 2011 vom kamerunischen Wirtschaftsminister in einem geheimen Abkommen zugesprochen bekam. Demnach zahlt Sudcam deutlich geringere Landnutzungsgebühren als normal üblich, ist zehn Jahre lang steuerbefreit und erhält kostenlos das exklusive Wassernutzungsrecht.[18]

Aus diesen Gründen gibt es von NGO-Seite die Forderung an die Deutsche Bank, die zweite Tranche des Millionenkredits zu stoppen.[19] Dass Druck aus der Zivilgesellschaft wirken kann, zeigt das Beispiel Sudcam selbst. Zwar hat Sudcam die Vorwürfe größtenteils von sich gewiesen, doch nachdem mehrere NGOs die Vertreibungen und Rodungen durch Sudcam angeprangert hatten, sah sich Halcyon Agri im November 2018 gezwungen, eine Sustainable Natural Rubber Supply Chain Policy zu verkünden, die alle weiteren Rodungen beendete.[20]

Trotz dieser Verbesserung ist der Konzern weit davon entfernt, dass der Kredit der Deutschen Bank als nachhaltig bezeichnet werden könnte. Solange die Deutsche Bank einen Kredit, wie den an Corrie MacColl, als angeblich nachhaltig verkauft, sind die Nachhaltigkeitsankündigungen der Bank reine Augenwischerei. Wir rufen die Deutsche Bank dazu auf, ihre Nachhaltigkeitsversprechen endlich in die Tat umzusetzen und das Greenwashing rund um den Kredit an Corrie MacColl zu beenden.

Wer mehr erfahren will über den Kredit der Deutschen Bank an Corrie MacColl, klickt einfach hier.

 

Autor: Luca Schiewe

 

[1] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/deutsche-bank-esg-ziele-nachhaltigkeit-1.5300211

[2] https://www.db.com/newsroom_news/2020/deutsche-bank-and-halcyon-agri-corporation-partner-on-sustainability-through-innovative-new-loan-en-11623.htm

[3] Refinitiv Eikon: Abgerufen am 12.05.2021

[4] https://www.banktrack.org/article/deutsche_bank_must_end_its_sustainability_farce_in_central_africa_1

[5] https://www.halcyonagri.com/about-us/our-history/; Refinitiv Eikon: Abgerufen am 12.05.2021

[6] https://www.halcyonagri.com/wp-content/uploads/2018/05/Halcyon_Response-to-Greenpeace-and-Earthsight-reports-news-release.pdf; https://www.corrie-maccoll.com/wp-content/uploads/2020/07/HAC-Management-Change.pdf

[7] https://www.earthsight.org.uk/media/download/783; https://www.greenpeace.org/static/planet4-africa-stateless/2019/11/cd29dfdc-englishv7.pdf

[8] http://www.cifor.org/publications/pdf_files/WPapers/WP176CIFOR.pdf; https://www.rainforestfoundationuk.org/media.ashx/palmoilreportenweb.pdf

[9] https://www.halcyonagri.com/wp-content/uploads/2020/04/greenpeace-africa-sudcam-report-2018-1_compressed.pdf

[10] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/afrika-greenwashing-deutsche-bank-101.html

[11] https://www.halcyonagri.com/wp-content/uploads/2020/04/greenpeace-africa-sudcam-report-2018-1_compressed.pdf

[12] https://www.earthsight.org.uk/media/download/783

[13] https://www.rainforestfoundationuk.org/media.ashx/palmoilreportenweb.pdf

[14] https://www.halcyonagri.com/wp-content/uploads/2020/04/greenpeace-africa-sudcam-report-2018-1_compressed.pdf

[15] https://www.greenpeace.org/static/planet4-africa-stateless/2019/11/cd29dfdc-englishv7.pdf

[16] https://www.earthsight.org.uk/media/download/783

[17] https://www.rainforestfoundationuk.org/media.ashx/palmoilreportenweb.pdf; https://www.cifor.org/publications/pdf_files/WPapers/WP176CIFOR.pdf

[18] https://www.halcyonagri.com/wp-content/uploads/2020/04/greenpeace-africa-sudcam-report-2018-1_compressed.pdf

[19] https://www.banktrack.org/article/deutsche_bank_must_end_its_sustainability_farce_in_central_africa_1

[20] https://www.corrie-maccoll.com/apifed-partnership/; https://www.halcyonagri.com/wp-content/uploads/2018/05/Halcyon_Response-to-Greenpeace-and-Earthsight-reports-news-release.pdf; https://www.halcyonagri.com/wp-content/uploads/2018/08/Halcyon_Response-to-Greenpeace-report-news-release_3Aug2018.pdf