Neben Rheinmetall möglicherweise weitere deutsche Unternehmen am Panzerdeal mit der Türkei beteiligt

Neben dem Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall ((https://correctiv.org/recherchen/wirtschaft/artikel/2017/08/11/was-hat-rheinmetall-der-tuerkei-zu-verbergen/)) wollen sich möglicherweise zwei weitere deutsche Unternehmen an der geplanten Serienproduktion des türkischen Kampfpanzers Altay beteiligen: MTU Friedrichshafen, ein Subunternehmen von Rolls-Royce, sowie Renk, eine Tochter des Münchner Nutzfahrzeugherstellers MAN. Beide sollen laut einer Quelle aus der türkischen Rüstungsindustrie bereits Gespräche über eine mögliche Beteiligung führen. ((https://www.defensenews.com/land/2017/09/06/turkey-aims-to-select-tank-maker-in-2018/#.WbJsS4rTQPc.twitter))

In den von dem türkischen Rüstungsunternehmen Otokar hergestellten Panzer-Prototypen wurden bereits neben einer Glattrohrkanone von Rheinmetall ein Dieselmotor des Herstellers MTU und ein Renk-Powershift-Automatik-Getriebe verwendet. ((http://www.zeit.de/2013/24/waffenexporte/komplettansicht))  ((http://www.br.de/nachrichten/russland-panzer-putin-100.html)) Die Gespräche mit MTU und Renk deuten darauf hin, dass für die Serienproduktion des Altay-Panzers wieder Bauteile oder zumindest Lizenzen für Bauteile dieser Unternehmen verwendet werden könnten.

Wer erhält den Auftrag zur Serienproduktion des Altay-Panzers?

Derzeit läuft noch die Ausschreibung um die Serienproduktion des Altay, eine Deadline für Angebote ist auf Anfang kommenden Jahres gesetzt und der Gewinner soll Mitte 2018 feststehen. Zunächst soll ein Kontingent von 250 Panzern hergestellt werden, später soll dann möglicherweise auf 1000 aufgestockt werden. Laut eines Beschaffungsbeamten der türkischen Regierung wurden drei private türkische Unternehmen zur Ausschreibung eingeladen: Otokar, welche bereits den Prototyp des Altay fertigten, das vom Erdoğan-nahen Medienmogul Sancak geleitete Unternehmen BMC, und FNSS, eine türkische Tochter des britischen Rüstungskonzerns BAE Systems Inc. ((https://www.defensenews.com/land/2017/09/06/turkey-aims-to-select-tank-maker-in-2018/#.WbJsS4rTQPc.twitter))

Das Angebot von Otokar, das von der als Erdoğan-kritisch geltenden Koç-Familie geführt wird ((https://correctiv.org/recherchen/stories/2017/03/09/deutsche-panzer-fuer-erdogan/)) und zunächst konkurrenzlos in die Verhandlungen mit der türkischen Regierung ging, wurde im Juni 2017 als unzureichend abgelehnt und die Ausschreibung wieder geöffnet. ((http://www.handelsblatt.com/my/finanzen/maerkte/aktien/tuerkischer-fahrzeughersteller-geplatzter-panzer-deal-schickt-otokar-aktie-auf-talfahrt/19922988.html?ticket=ST-191655-eahZNijTXyjHkvfD4CNc-ap4))

Etwa zur selben Zeit wurde das deutsch-türkisch-malaysische Joint Venture RBSS gegründet, welches u. a. den Bau der Altay-Panzer anstrebt. Es wird zu 50 % von BMC gehalten, an dessen Spitze der Erdoğan-nahe Medienmogul Sancak steht. Weitere Anteilseigner sind der Düsseldorfer Konzern Rheinmetall (40 %) und das malaysische Unternehmen Etika Strategi (10 %). ((http://eurasianews.de/blog/rheinmetall-und-tuerkisches-bmc-gruenden-joint-venture-produktion-von-altay-panzer/))  ((https://correctiv.org/recherchen/wirtschaft/artikel/2017/08/11/was-hat-rheinmetall-der-tuerkei-zu-verbergen/))

Die Verantwortung deutscher Unternehmen und die Rüstungsexportkontrolle

Im Falle dieses Joint Ventures greift, wie Facing Finance schon im April berichtete ((http://www.facing-finance.org/de/2017/04/rheinmetall-plans-tank-production-facility-in-turkey-threatened-by-dictatorship/)), die deutsche Exportkontrolle nicht, da hier keine materiellen Rüstungsgüter in die Türkei exportiert würden, sondern lediglich Expertise.

In einer Drucksache vom 11.05.2017 antwortet die Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der LINKEN, dass sie keine Genehmigungen für Renk oder MTU Friedrichshafen erteilt habe, Rüstungsgüter in die Türkei zu exportieren ((http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/123/1812307.pdf)). Das Joint Venture von Rheinmetall in der Türkei sei weiterhin eine „Unternehmensentscheidung[…], [f]ür daraus resultierende Anträge zur Ausfuhr von Rüstungsgütern aus Deutschland gelten die restriktiven Regeln in der Rüstungsexportkontrolle“.

In der Antwort auf eine kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen ((http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/123/1812309.pdf)) stellt die Bundesregierung fest, dass die Türkei als NATO-Mitglied keinen grundsätzlichen Beschränkungen beim Rüstungsexport unterworfen sei, aber in solchen Fällen immer eine „differenzierte[ ] Einzelfallentscheidung“ getroffen werde. Vor etwa einer Woche ließ Außenminister Sigmar Gabriel dann verlauten, dass nahezu alle Rüstungsexporte in die Türkei gestoppt worden seien. ((http://www.rp-online.de/politik/deutschland/sigmar-gabriel-fast-alle-waffenexporte-in-tuerkei-sind-gestoppt-aid-1.7075769))

Die Beteiligung an einer Panzer-Produktion in der Türkei ist deswegen so kritisch zu betrachten, da die immer autokratischer werdende türkische Regierung unter Erdoğan nicht davor zurückscheut, militärische Mittel gegen die protestierende Zivilbevölkerung, Oppositionelle und gegen die kurdische Minderheit einzusetzen. ((http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/112/1811212.pdf)) Deutsche Unternehmen wie Rheinmetall, Renk und MTU Friedrichshafen könnten sich so mitschuldig an Menschenrechtsverletzungen und bewaffneten Konflikten in dieser Region machen.