Ein Jahr Panama Papers – eine erste Zwischenbilanz

Für Steuersünder, Waffenschieber, Drogenhändler, korrupte Politiker, Sportler und Geschäftsleute, aber auch für Finanzinstitute, war der 3. April 2016 ein schwarzer Sonntag. An jenem Abend veröffentlichten mehr als 100 Medienunternehmen in 76 Ländern gleichzeitig vertrauliche Dokumente der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca. Die Kanzlei hat als Offshore-Dienstleister ein Netzwerk aus rund 214.000 Briefkastenfirmen geschaffen, um vermögende Kundschaft unter dem Deckmantel der Anonymität vor staatlichen Steuerbehörden zu schützen. Auf diese Weise wurden schwere Straftaten wie Geldwäsche, Drogen- und Waffenhandel verschleiert, Krieg und Terror finanziert sowie kriminelle Praktiken und eine Umgehung der UN-Sanktionen gegen autoritäre Regime zugelassen. ((http://www.ndr.de/nachrichten/Panama-Papers-Ermittlungen-gehen-im-Norden-voran,panama220.html)) ((https://www.freitag.de/autoren/jakob-reimann-justicenow/panama-papers-wie-das-1-sein-geld-versteckt)) ((https://panamapapers.icij.org/20170403-anniversary-where-are-they-now.html)) ((http://www.ndr.de/nachrichten/Panama-Papers-Ermittlungen-gehen-im-Norden-voran,panama220.html)) Nach Veröffentlichung der Panama Papers wurden Untersuchungsausschüsse gebildet, Ermittlungen aufgenommen, Razzien durchgeführt und Rücktritte beschlossen. Ein gutes Jahr später ist von der medialen Empörung jedoch nicht mehr viel geblieben. Zeit, eine Zwischenbilanz zu ziehen. ((http://www.deutschlandradiokultur.de/ein-jahr-panama-papers-sz-journalist-die-arbeit-ist-noch.2950.de.html?dram:article_id=382964)) ((https://panamapapers.icij.org/20170403-anniversary-fundraising-campaign.html))

Keine 2 Tage nach Bekanntwerden der Panama Papers trat Sigmundur Davíð Gunnlaugsson von seinem Amt als isländischer Ministerpräsident zurück. Zusammen mit seiner Ehefrau erwarb er im Jahr 2007 die Briefkastenfirma Wintris Inc. mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln, die Anleihen an drei isländischen Pleitebanken hält. Zwar verkaufte Gunnlaugsson seinen Firmenanteil für einen US-Dollar an seine Frau, er hätte jedoch den Interessenskonflikt deklarieren müssen. Als Ministerpräsident beteiligte er sich später an Verhandlungen, um Gläubiger der Pleitebanken zu entschädigen: als Begünstigter auch zu seinem Vorteil. Die Veröffentlichung der Panama Papers führte zu einer fast zehnmonatigen Regierungskrise in Island. Seit Januar diesen Jahres wird Island wieder regiert: Bjarni Benediktsson ist neuer Premier – trotz Geschäften mit Mossack Fonseca und Verbindungen zu einer Offshore-Gesellschaft auf den Seychellen. ((http://panamapapers.sueddeutsche.de/articles/e114661/)) ((https://panamapapers.icij.org/20160403-panama-papers-global-overview.html))

In Pakistan überprüft der Oberste Gerichtshof die Verwicklung der Familie des Ministerpräsidenten Nawaz Sharif in Offshore-Geschäfte. Drei seiner Kinder halten vier Briefkastenfirmen auf den Britischen Jungferninseln mit einem Firmenvermögen von 25 Millionen Dollar. Über die Strohfirmen wurden teure Luxuswohnungen in London finanziert. Die Opposition vermutet Bestechungsgelder hinter dem Familienvermögen und wirft dem Premier Verschleierung vor. Die Entscheidung des Obersten Gerichts steht noch aus. ((https://panamapapers.icij.org/20160403-panama-papers-global-overview.html)) ((http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/panama-papers/bestechungsvorwuerfe-erschuettern-pakistan-14217612.html)) ((http://www.sueddeutsche.de/politik/pakistan-pakistans-elite-stolpert-ueber-offshore-deals-1.3229941#redirectedFromLandingpage)) ((http://panamapapers.sueddeutsche.de/articles/e114661/))

Auch Sportverbände und Athleten stehen im Visier von Behörden. Der ehemalige Fifa-Vizepräsident Eugenio Figueredo wurde von Schweizer Behörden zwar bereits ein Jahr zuvor wegen Bestechung verhaftet, dennoch legten die Panama Papers auch hier weitere Verbindungen offen. Zusammen mit seiner Familie gründete der Ex-Fifa-Präsident elf Briefkastenfirmen mit Hilfe der Kanzlei Mossack Fonseca, womit Bestechungsgelder gewaschen und in Immobilien reinvestiert wurden.  Figueredo wurde in seiner Heimat Uruguay zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, steht jedoch aufgrund seines fortgeschrittenen Alters und Gesundheitszustands unter Hausarrest. ((http://panamapapers.sueddeutsche.de/articles/e114661/))

In Deutschland stehen vor allem Geldinstitute in der Kritik. Insgesamt 28 Banken aus Deutschland tauchen namentlich in den Panama Papers auf. Laut Recherchen von SZ, NDR und WDR haben mindestens 14 dieser Institute, teilweise unter Hinzunahme von Auslandstöchtern, mehr als 1.200 Strohfirmen gegründet oder verwaltet. Eine Vernetzung von Bund und Ländern soll helfen, deutschlandweit mehr als 500 Verdachtsfälle aufzuarbeiten. Während offizielle Ermittlungsergebnisse noch ausstehen, wurden auf politischer Ebene bereits erste Konsequenzen gezogen. So soll ein Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung Steueroasen in Drittländern austrocknen. Dieses sieht eine Verschärfung der Meldepflicht von Steuerzahlern und Banken vor, sobald es zu einer Geschäftsbeziehung mit einer im Ausland ansässigen Briefkastenfirma kommt. Eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung am Unternehmen ist dabei nicht zwingend erforderlich. Banken sollen zudem für hinterzogene Steuern bei Nichterfüllung der Meldepflicht mit bis zu 50.000 Euro haften. Das sogenannte Panama-Gesetz bezieht sich jedoch nur auf Meldepflichten gegenüber Drittländern, europäische Steueroasen bleiben unangetastet. ((https://www.tagesschau.de/inland/panama-papers-107.html)) ((https://www.tagesschau.de/wirtschaft/panama-papers-103.html)) ((http://panamapapers.sueddeutsche.de/articles/56effb802f17ab0f205e6370/)) ((http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/steuerflucht-verschonte-paradiese-1.3436734)) ((http://www.bdp-team.de/steuerberatung/steuerhinterziehung-schlechte-zeiten-fuer-briefkastenfirmen)) ((http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/recht-steuern/steuerhinterziehung-schaeuble-verschaerft-kontrolle-von-briefkastenfirmen-14510095.html))

Die Panama Papers sind ein erster Schritt in der Bekämpfung von illegalen Briefkastenfirmen. Sie haben zu mehr als 6.500 Ermittlungen in rund 80 Ländern geführt und insgesamt mehr als 80 Millionen Euro an Steuerrückzahlungen eingebracht. Die Geschäftsführer der Kanzlei Mossack Fonseca sitzen seit Februar diesen Jahres in Untersuchungshaft. Weltweit wurden Gesetze erlassen, um Geschäfte mit Offshore-Dienstleistern zu illegalen Zwecken zu erschweren. Dennoch gehen die Ermittlungen nur schleppend voran, Geldwäsche durch Briefkastenfirmen in Steueroasen existiert auch weiterhin. ((https://www.tagesschau.de/inland/panama-papers-107.html)) ((http://www.ndr.de/info/sendungen/kommentare/Kein-Erfolg-im-Kampf-gegen-Geldwaesche,steuergerechtigkeit102.html)) So zeigt eine kürzlich vom Fair Finance Guide und Oxfam gemeinsam veröffentlichte Studie, dass Europas 20 größte Banken nach wie vor massiv Steueroasen zur Gewinnverschiebung nutzen, und um ihren Kunden Steuerhinterziehung und –umgehung zu ermöglichen. ((http://www.facing-finance.org/de/2017/03/presseerklarung-europas-top-banken-nutzen-steueroasen-fur-milliardengewinne-auch-deutsche-bank-und-commerzbank-machen-mit/ )) Demnach erwirtschaften die untersuchten Banken ein Viertel ihrer Gewinne in Steueroasen, während dort nur 12% der Umsätze und 7% der Belegschaft zu verorten sind. Auch die Deutsche Bank und die Commerzbank verbuchten 2015 massive Gewinne in Steueroasen, zusammen 2,2 Mrd. Euro. ((http://www.facing-finance.org/de/2017/03/presseerklarung-europas-top-banken-nutzen-steueroasen-fur-milliardengewinne-auch-deutsche-bank-und-commerzbank-machen-mit/))

Aufgrund des globalen Ausmaßes von Offshore-Geschäften sind nationale Ansätze nur begrenzt wirksam. Transparenzinitiativen, wie die Länderberichterstattung von der EU, sind ein wichtiges Mittel für den weltweiten Kampf gegen Steuerhinterziehung, sind aber häufig nicht weitreichend genug. Es gilt daher, bestehende Missstände global zu beheben und zukünftige, wie zum Beispiel das Entstehen einer neuen britischen Steueroase durch den Brexit, abzuwenden.

Der Fair Finance Guide bietet weitere Informationen dazu, wie Ihre Bank mit dem Thema Steuervermeidung umgeht.