Anglo American in Menschenrechtsverletzungen in Brasilien verstrickt

Im März 2016 veröffentlichte das Human Rights and Business Center (Homa) den Bericht „Violations of Human Rights by Companies – The Case of Açu Port“, in dem die sozialen und ökologischen Folgen des Açu Hafen und das damit verbundene Minas-Rio Projekt aufgezeigt werden.

2007 begann der Bau des Açu Hafens, des größten logistisch-industriellen Hafenkomplexes Lateinamerikas. Er besteht aus zwei Terminals mit einer Gesamtfläche von 90 Quadratkilometern und liegt in der Gemeinde São João da Barra nördlich von Rio de Janeiro. Der Bau wurde unter anderem durch die brasilianische Entwicklungsbank BNDES finanziert und mit Steuervergünstigungen gefördert, da die Regierung der Ansicht war, dass das Projekt wirtschaftlichen Nutzen für die Region bedeuten würde. Der Hafen soll in Zukunft hauptsächlich der Verschiffung von Rohmaterial, das von der größten Eisenerz-Pipeline der Welt angeliefert werden wird, dienen. Die Pipeline wird nach ihrer Fertigstellung eine Länge von 525 km haben und Eisenerzminen in Conceição do Mato Dentro (MG) mit dem Açu Hafen verbinden. Die Pipeline, die Minen, sowie eine Eisenerzaufbereitungsanlage bilden gemeinsam das Minas-Rio System.

Drei Firmen spielen dabei, neben vielen weiteren Projektbeteiligten, eine besonders wichtige Rolle: Prumo Logistics Inc. ist für die logistische Infrastruktur des Hafens verantwortlich, Anglo American plc für das Minas-Rio System und das gemeinsame Joint-Venture LLX Rio-Minas („Ferroport“) betreibt die Hafenanlage, unterstützt die Logistik und leitet eines der Hafenterminals.

Homa hat in seinem Bericht nun Kritik an verschiedenen Aspekten des Projektes zusammengetragen, mit dem Verweis, dass Umwelt- und Menschenrechte dabei in keinster Weise berücksichtigt worden sind. So habe das Projekt durch die Zerstückelung des Lizenzierungsprozesses in drei Teile (1. die Bergwerke und ihre Anlagen, 2. die Pipeline und 3. der Açu Hafen wurden jeweils von verschiedenen staatlichen Behörden lizenziert) und durch die fehlende Beteiligung der lokalen Bevölkerung keinen sachgemäßen Bewilligungsvorgang durchlaufen. Die Auswirkungen des Riesenprojektes auf die Natur und auf die lokale Bevölkerung wurden so laut Homa nie in ihrer Gänze in den Blick genommen, sondern immer nur getrennt von den jeweils zuständigen brasilianischen Behörden bewertet. So sei es möglich gewesen, Lizenzen zu erhalten, obwohl das Projekt in keinster Weise mit den sozialen und ökologischen Gegebenheiten der Region in Einklang zu bringen sei.

Weiterhin seien durch den Bau des Hafens Schutzgebiete mit Sandbänken und Lagunen, die einen Lebensraum für gefährdete Spezies wie Schildkröten bieten und eine einzigartige Biodiversität aufweisen, zerstört worden. Außerdem wurde die regionale Bevölkerung, deren Lebensgrundlage hauptsächlich Ackerbau und Fischfang ist, teils zwangsenteignet ohne ausreichend über ihre Rechte oder über Entschädigungen informiert worden zu sein. Es soll dabei zu Androhungen und teilweise sogar zur Anwendung von Gewalt gekommen sein, wenn Bewohner*innen sich weigerten ihr Grundstück freiwillig zu verlassen. Insbesondere die Verzögerungen von staatlicher Seite bei der Zahlung einer angemessenen Entschädigung hätten dabei erhebliche negative Auswirkungen auf die betroffenen Landnutzer. Der Lebensstil der Menschen, für die ein eigenes Grundstück und die damit verbundenen natürlichen Ressourcen (bspw. Fischvorkommen, Weiden) existenziell sind um sich selbst versorgen zu können, wurde in der Verwirklichung der Projekte in keinster Weise berücksichtigt, da Entschädigungszahlungen nicht ausreichend waren um die nötigen Investitionen in neues Land und Saatgut zu decken. Viele der betroffenen Familien werden dadurch abhängig von staatlichen Leistungen und haben keine Chance, sich in Zukunft wieder einen eigenen Lebensunterhalt zu verdienen.

Der Bericht von Homa weist darüber hinaus auf die negativen Auswirkungen auf Luft und Wasser in der Region hin. Problematisch sei unter anderem, dass die vorhandenen Wasserressourcen bei weitem nicht ausreichten, um den Bedarf des Industriekomplexes zu decken. Dies sei insbesondere auch deshalb bedenklich, da durch das Projekt mit einer Bevölkerungszunahme von 1,3 Millionen Menschen bis 2025 in der Region zu rechnen sei. Darüber hinaus komme es bereits zu einer zunehmenden Versalzung des Grundwassers, unter anderem da der Hafenbau mit der Entwaldung des Gebietes einhergeht.

Den staatlichen Institutionen, die die Lizenzen an die Unternehmen vergeben haben, wirft Homa daher vor, wirtschaftliche Aspekte stark überbewertet zu haben, um den Bau des Hafens zu ermöglichen. Aber auch beteiligte Unternehmen wie Anglo American, Prumo Logistics oder ihr Joint Venture LLX Rio-Minas („Ferroport“) sollten zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie Rechte von Landnutzern ignorieren und sich nicht an Umweltschutzrichtlinien halten.

Hier können Sie den gesamten Bericht “Violations of Human Rights by Companies – The Case of Açu Port” des Human Rights and Business Center (Homa) nachlesen.

Die Homa-Publikation stützt sich auf zwei Berichte (auf portugiesisch), die die sozioökologischen Folgen des Projekts untersucht haben ((  http://docplayer.com.br/561109-Relatorio-dos-impactos-socioambientais-do-complexo-industrial-portuario-do-acu-i.html 2011, aufgerufen am 27.07.2016 )) ((  https://issuu.com/ibase/docs/liv_ibase_minerio_final4  aufgerufen am 27.07.2016 )).