Investieren Versicherungen in die Zerstörung des Amazonas?

In Brasilien ist Trockenzeit – und wieder stehen der Regenwald im Amazonas und die Savanne Cerrado in Flammen. Berits im Jahr 2019 brannte mit 11.700 km2 eine Fläche so groß wie der Libanon nieder. Die Brände verursachen nicht nur erhebliche CO2-Emissionen, die im Durchschnitt 870 Millionen Tonnen jährlich betragen, sondern führen zum Verlust von Biodiversität, zu schweren Trockenperioden, zu Erosion, zu Krankheiten bei der Bevölkerung, Eingriffen in die Rechte indigener Gruppen bis hin zum Mord an Menschenrechts- und Umweltaktivisten. Der industrielle Anbau von Soja, Mais, Baumwolle und Zuckerrohr und die Viehzucht sind für 90% der umgewandelten Flächen verantwortlich. 20% des exportierten Sojas und 17% des exportierten Fleisches basieren auf illegaler Abholzung im Amazonas und der Cerrado Savanne. Daneben bedrohen auch Infrastruktur- und Bergbauprojekte den Regenwald, häufig auch betrieben von großen internationalen Unternehmen.

Facing Finance hat im Rahmen seines Projekts Fair Finance Guide die Investitionen von 6 in Deutschland aktiven Versicherungen in 59 Unternehmen entlang der Lieferketten von Fleisch und Soja untersucht. Angefangen von Schlachthöfen in Brasilien über die Produktion und den Verkauf von Soja als Tierfutter bis hin zu internationalen Molkereien und Einzelhandelsketten wurden Investitionen in 21 dieser Unternehmen identifiziert.

Der Allianzkonzern hielt Aktien und Anleihen von Unternehmen in der Fleisch- und Sojalieferkette in Höhe von 522 Millionen Euro. Den höchsten Anteil daran hat das Tochterunternehmen Pimco in den USA mit Investitionen in den Lebensmittelkonzern Danone. Auch Allianz Global Investors GmbH ist in Danone investiert, aber auch in Archer Daniels Midland und Bunge, zwei der wichtigsten Exporteure von Soja aus Brasilien.

Die Axa, ein französischer Versicherungskonzern, und ihre Tochtergesellschaften waren mit insgesamt 110 Millionen Euro investiert. Ein großer Teil der Investitionen von Axa fließt ebenfalls in den Lebensmittelkonzern Danone und den Sojaexporteur Archer Daniels Midland.

Investitionen von Teilen des Zurich Konzerns sind mit 4,3 Mio. Euro niedrig. 2017 wurde gemeldet, dass Zurich Deutschland dem Vermögensverwalter Columbia Threadneelde Investment ein Mandat zur Verwaltung eines Teils der Gelder unter sozial-ökologischen Gesichtspunkten erteilte. Es wurde allerdings nicht bekannt, wie hoch dieser Auftrag war. Columbia Threadneedle Investments investierte insgesamt 98 Millionen Euro in die schon genannten Unternehmen Archer Daniels Midland, Bunge und Danone.

Die Anlagen der beiden Versicherungskonzerne Debeka (50,9 Mrd. Euro) und Alte Leipziger (27,4 Mrd. Euro) sind sehr intransparent. Für die Debeka Asset Management wurden keine eigenen Investitionen, für die Alte Leipziger Trust Investment Gesellschaft mbH sehr geringe Anteile an Danone und Carrefour identifiziert.

Die Debeka hat u.a. die DWS Investment GmbH mit der Investition in Aktien beauftragt. Die DWS Investment GmbH hat insgesamt 252 Mio. Euro Aktien der hier untersuchten Unternehmen investiert, darunter 14,8 Mio. Euro in BRF, einem der größten Hersteller von Tierfutter und Hühner- und Schweinefleisch in Brasilien. Weitere Unternehmen im Bestand sind wiederum Archer Daniels Midland und Danone.

Sowohl die Debeka als auch die Alte Leipziger bieten fondsgebundene Lebensversicherungen an, bei denen die Kund*innen aus einer Palette von Fonds von Drittanbietern wählen können.  Diese externen Asset Manager wie DWS, Allianz, Lyxor, Comgest und andere, sind ebenfalls in die Unternehmen der Fleisch- und Sojalieferkette investiert. Allerdings lässt sich nicht nachvollziehen, ob dies die Gelder der Kund*innen von Debeka oder der Alten Leipziger betrifft.

Auch die Kapitalanlagen (116 Mrd. Euro) des R+V Konzerns sind intransparent. Es wurden keine Investitionen gefunden, die direkt der R+V zuzuordnen wären. Union Investment, der Asset Manager der DZ Bank Gruppe, ist mit 141 Mio. Euro in Aktien und Anleihen der hier untersuchten Unternehmen investiert, jedoch nicht im Auftrag der R+V Versicherung.

Die identifizierten Investitionen der hier untersuchten Versicherungen sind zwar insgesamt relativ niedrig. Allerdings konnte für große Teile der Kapitalanlagen gar nicht nachvollzogen werden, wie sie überhaupt investiert werden. So ist es möglich, dass immer noch ein großer Anteil in „klassische“ Anlageformen wie Immobilien oder Staatsanleihen fließt. Aber die Bilanzen der Versicherungen weisen ebenfalls Investitionen in Anlageformen wie „Aktien, Anteile an Investmentvermögen und andere nicht festverzinsliche Wertpapiere“ aus. Deshalb müssen die Versicherungen sicherstellen und offenlegen, dass diese Mittel nicht  dazu beitragen, den Amazonas und den Cerrado weiter zu zerstören.

Übrigens: Der Fair Finance Guide Netherlands hat zu dem Thema ein große Studie veröffentlicht, in der untersucht wurde, wie niederländische Banken, Versicherungen und Pensionsfonds in die Unternehmen entlang der Soja- und Fleischlieferkette involviert sind: durch Kredite, die Ausgabe von Aktien und Anleihen und Investitionen. Die Studie ist hier abrufbar (auf englisch), unseren Flyer können  Sie hier abrufen.