Gravierende Umweltverschmutzung durch Viskoseproduktion

Die chemisch hergestellte Textilfaser Viskose, auch unter dem Namen Rejon bekannt, ist ein häufig eingesetztes Produkt in der Kleidungsbranche und wird bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts hergestellt ((http://www.zeit.de/zeit-wissen/2013/01/Stoffe-Zukunft-Baumwolle-Knappheit)). Insbesondere bei Sommerkleidung wird oft Viskose verwendet, da sich der Stoff leicht bedrucken sowie färben lässt und einen angenehmen Tragekomfort bietet. Eine Studie der Changing Markets Stiftung legt offen, dass mit der Viskose Produktion weit verbreitete Umweltschäden einhergehen. So führe die Benutzung von hochgiftigen Chemikalien wie Schwefelkohlenstoff, Schwefelwasserstoff und Natronlauge nicht nur zu ernsthaften Gesundheitsrisiken für Arbeiter und Bewohner der Region, sondern auch zu schwerwiegender Luft- und Wasserverschmutzung. Etwa 83% der globalen Viskosefaser-Produktion findet in China, Indien und Südasien (insbesondere Indonesien) statt ((http://changingmarkets.org/wp-content/uploads/2017/06/CHANGING_MARKETS_DIRTY_FASHION_REPORT_SPREAD_WEB.pdf)).

Die Zustände in den dort angesiedelten Produktionsstätten seien teilweise mit denen vor hundert Jahren vergleichbar, so Changing Markets. Aus den untersuchten Fabriken beziehen auch europäische Modekonzerne wie H&M, Zara und Marks&Spencer nachweislich ihre Materialien ((https://www.theguardian.com/sustainable-business/2017/jun/13/hm-zara-marks-spencer-linked-polluting-viscose-factories-asia-fashion?CMP=share_btn_tw)).

Einer der weltweit größten Viskoseproduzenten ist das chinesisches Unternehmen CHTC Helon Co., Limited. Die Produktionsstätte in Weifang in der chinesischen Provinz Shandong ist in der Vergangenheit bereits mehrere Male durch exzessive Luftverschmutzung negativ aufgefallen und von der lokalen Regierung mit Geld- und Verwaltungsstrafen belangt worden ((http://wwwoa.ipe.org.cn//Upload/IPE-Reports/Green-Stocks-Phase-II-EN.pdf)) ((http://changingmarkets.org/wp-content/uploads/2017/06/CHANGING_MARKETS_DIRTY_FASHION_REPORT_SPREAD_WEB.pdf)). Trotz wiederholter Aufforderung der Regierung, die Luftverschmutzung zu reduzieren, habe sich laut Anwohnern im Umkreis der Fabrik in den letzten Jahren kaum etwas verändert. Das Trinkwasser aus dem Brunnen sei ungenießbar geworden und die Luft rieche konstant nach Chemikalien. Untersuchungen der Studie belegen diese Aussagen. So sei der Schwefelkohlenstoffanteil in der Luft dreimal so hoch wie erlaubt und auch im Grundwasser seien erhöhte Werte festzustellen. Anwohner berichten, dass in der Nähe der Fabrik vermehrt Krebserkrankungen aufgetreten seien, die bei Vielen zum Tod geführt hätten ((http://changingmarkets.org/wp-content/uploads/2017/06/CHANGING_MARKETS_DIRTY_FASHION_REPORT_SPREAD_WEB.pdf)). Jedoch konnte bislang keine direkte Verbindung zwischen der Verschmutzung durch CHTC Helon co. und den Erkrankungen der lokalen Bevölkerung bewiesen werden.

Vergleichbare Zustände seien auch in Indonesien bei der Fabrik des Unternehmens PT Indo Bharat Rayon (Aditya Birla Group) vorzufinden. Der Viskoseproduzent wurde in der Vergangenheit mehrfach für das illegale Ablassen von verseuchtem Abwasser belangt und zahlte im Juni 2016 eine Strafe in Höhe von 673.000 Euro ((http://changingmarkets.org/wp-content/uploads/2017/06/CHANGING_MARKETS_DIRTY_FASHION_REPORT_SPREAD_WEB.pdf)). Beobachter geben an, dass ein äußerst übler Geruch von der Fabrik und dem anliegenden Fluss ausgehe, während die Flussufer oftmals von Schwefelrückständen gelb bedeckt seien. Mittlerweile sei der Fluss so verschmutzt, dass das Baden nicht mehr möglich sei und Fischer nicht mehr genügend Fischbestände vorfänden, um davon leben zu können. Stattdessen verdienen Anwohner ihr Geld als Reiniger der verseuchten Gegend. Für das Sammeln von Viskoserückständen erhalte man täglich ein Gehalt von umgerechnet 5,40 Euro, so eine Arbeiterin. Dabei werden die verstreuten Viskosefasern aus dem Fluss oder dem Ufer an Land zusammengetragen, zum Trocknen aufgehängt und schließlich an andere Fabriken verkauft. Über Schutzkleidung, die bei einer solchen Arbeit mit giftigen Stoffen eigentlich notwendig wäre, verfügen die Frauen und Männer bei ihrer Arbeit nicht ((http://changingmarkets.org/wp-content/uploads/2017/06/CHANGING_MARKETS_DIRTY_FASHION_REPORT_SPREAD_WEB.pdf)).

In der Viskoseindustrie sind die beiden aufgelisteten Beispiele leider keine Einzelfälle. In allen zwölf von Changing Markets untersuchten Fabriken sind ähnliche Zustände zu beobachten und es ist davon auszugehen, dass auch andere Viskosefabriken die Umwelt verschmutzen und damit die Lebensbedingungen der umliegenden Bevölkerung beeinträchtigen. Die Studie illustriert, dass Modeunternehmen transparent agieren und ihre Lieferketten detailliert öffentlich zugänglich machen sollten. Nur so ist es möglich, die Öffentlichkeit über Gesundheits- und Umweltrisiken in den Produktionsstätten der Textilzulieferer zu informieren und VerbraucherInnnen somit eine bessere Entscheidungsgrundlage beim Kauf von Textilien zu bieten.