Schlechte Bedingungen für Arbeiter*innen der globalen Schuhindustrie

2014 wurden weltweit mehr als 24 Milliarden Schuhe produziert – zum Teil unter prekären Arbeitsbedingungen in den Schuhfabriken und Zulieferbetrieben, wie zwei im Juni 2016 veröffentlichte Berichte aufzeigen.

In dem Bericht “Trampling Workers Rights Underfoot” hat die Kampagne Change Your Shoes (CYS) (( http://changeyourshoes-bg.org/ )) untersucht, inwieweit global agierende Schuhunternehmen die Einhaltung der Menschenrechte in ihren Lieferketten sicherstellen. Dabei wurden Stellungnahmen und Dokumente von 28 Unternehmen, die in Europa stark vertreten sind, beurteilt, darunter Deichmann, Ecco, Mango, Adidas und Birkenstock. CYS argumentiert, dass gemäß der UN Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Menschenrechte auch in ihren globalen Lieferketten erfüllen müssen. Der Bericht kommt jedoch zu dem Schluss, dass die untersuchten Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung nicht gerecht werden, obwohl die Mehrzahl der Unternehmen über eine begrenzte Anzahl von Zulieferern verfügt oder zum Teil in eigenen Fabriken produziert. Change Your Shoes kritisiert außerdem einen generellen Mangel an Transparenz. So habe sich nur die Hälfte der Unternehmen überhaupt an der Untersuchung beteiligt. Besonders problematisch ist laut CYS, dass die Verantwortung, Rechtsverletzungen zu verhindern, fast immer bei den Geschäftspartnern verbleibe. Zulieferbetriebe würden von den Auftraggebern nicht ausreichend in der Umsetzung dieser menschenrechtlichen Anforderungen unterstützt. So stünden die Mehrheit der 28 untersuchten Unternehmen in ihrer Zulieferkette nicht aktiv für die Zahlung existenzsichernder Löhne, die Versammlungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen sowie Sicherheits- und Gesundheitsstandards (insbes. in Gerbereien) ein.

Durch die besonders arbeitsintensiven Prozesse in der Schuhherstellung wird die Herstellung in der Regel an Zulieferer in verschiedene Ländern weltweit ausgelagert, was zu starker Konkurrenz und Preisdruck unter den Zulieferbetrieben führt. Doch auch bei der Herstellung in europäischen Ländern gibt es erhebliche Defizite, wie der Bericht „Labour on a Shoestring” von der Clean Clothes Campaign (CCC) (( http://www.cleanclothes.org/ )) in Kooperation mit Change your Shoes zeigt. Dafür wurden unter anderem Interviews mit 179 Arbeiter*innen aus zwölf Fabriken in Nicht-EU Mitgliedsländern (Albanien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina) und EU-Mitgliedsländern (Polen, Rumänien und der Slowakei) durchgeführt um aufzuzeigen, dass das Label „Made in Europe“ nicht gleichbedeutend mit fairen Arbeitsbedingungen ist. Die untersuchten Fabriken produzieren unter anderem für die bekannten Marken Zara, Deichmann, Ecco, Geox, Rieker und Gabor. Die Recherchen deckten auf, dass die Arbeiter*innen generell unter sehr niedrigen Löhnen leiden, die ihnen nicht einmal ein Leben oberhalb der Armutsgrenze ermöglichen. Des Weiteren müssen sie häufig unbezahlte Überstunden machen, dürfen oft nicht ihre vollen Urlaubstage in Anspruch nehmen und Frauen sehen sich einer besonderen Diskriminierung durch niedrigere Löhne und Abhängigkeit durch mangelnde Alternativen ausgesetzt. Arbeitnehmervertretungen sind in den Fabriken nicht erwünscht. CCC weist außerdem darauf hin, dass es an ordnungsgemäßen unabhängigen Inspektionen in den untersuchten Fabriken mangeln würde. Gesundheitsrisiken bestehen durch ein hohes Stresslevel, die teils extremen Temperaturen in den Fabriken, sowie durch Giftstoffe, mit denen die Angestellten in Berührung kommen. Diese Zustände scheinen symptomatisch für europäische Niedriglohnländer und für globale Lieferketten im Allgemeinen zu sein.

Neben den Unternehmen der Schuhindustrie sieht die Clean Clothes Campaign auch die Institutionen der Europäischen Union und die nationalen Regierungen in der Verantwortung. Die Europäische Kommission trage beispielsweise durch Vorgaben im Zusammenhang mit Krediten dazu bei, dass diese Länder Niedriglohnländer bleiben würden. Ebenso sei das sogenannte „Outward Processing Trade“ Modell, welches in den 70er Jahren in der EU eingeführt wurde, ein wesentlicher Faktor dafür, dass arbeitsintensive Prozessschritte in europäischen Niedriglohnländern durchgeführt werden, ohne dabei einen positiven Beitrag in diesen Ländern zu leisten.

Den Bericht „Labour on a Shoestring” finden Sie hier.

Den Bericht “Trampling Workers Rights Underfoot” finden Sie hier.