Ende Juni 2016 wurde nach Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung bekannt, dass die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) über Jahre hinweg fragwürdige Zuwendungen von der industrienahen Hans-Joachim-Martini-Stiftung erhielt. Die BGR erfüllt wichtige Beratungs- und Forschungsdienste zu Energie- und Klimafragen für die Bundesregierung. Durch die Auswertung interner Dokumente konnte nun nachgewiesen werden, dass seit den 80er Jahren kontinuierlich Geld von Unternehmen der Chemie-, Energie- und Rohstoffbranche an die Stiftung floss. Beispielsweise spendete Bayer gleich zu Beginn 100.000 D-Mark (( http://www.tagesschau.de/inland/geo-wissenschaftler-bundesanstalt-101.html 29.06.2016, aufgerufen am 11.07.2016 )). Weitere Gelder bekam die Martini-Stiftung im Verlauf der Jahre von Unternehmen wie Degussa, dem Energiekonzern Preussag, dem Braunkohleförderer Rheinbraun (gehört heute zum RWE-Konzern), der Ruhrkohle AG, dem Gasförderer Wintershall und dem Stahlkonzern Salzgitter. Die Gelder wurden dann dazu verwendet, besonders verdiente Mitarbeiter oder bestimmte Forschungsprojekte der BGR – und zwar ausschließlich der BGR – zu honorieren.
Die von der Stiftung ausgezeichneten Forschungsergebnisse sind dabei allzu oft im Sinne der geldgebenden Industrien. So kam eine Studie zum Klimawandel aus dem Jahr 1995 zu dem Schluss, dass die Rolle von Wasserdampf bisher unterschätzt und die von Kohlenstoffdioxid überschätzt worden sei. Sie wurde dafür mit 50.000 D-Mark ausgezeichnet. Eine weitere Untersuchung bescheinigte Gorleben die Eignung als atomares Endlager, im Gegensatz zu dem Ergebnis eines von Greenpeace beauftragten Geologen (( https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Extrakasse-Bundesanstalt-Gefaelligkeitsgutachten-Gorleben-Fracking,bundesanstalt104.html 29.06.2016, aufgerufen am 11.07.2016 )).
Bemerkenswert ist außerdem, dass Manager von Bayer, Rheinbraun, Salzgitter und Degussa im Lauf der Jahre oft gleichzeitig einen Sitz im beratenden Kuratorium der BGR innehatten. Und auch der Rat der Martini-Stiftung setzt sich, neben dem Präsidenten der BGR und einem Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums, aus Managern besagter Firmen zusammen. Eine interne Kontrolle der Bundesregierung, die 2012 die Verbindungen von BGR und Stiftung untersuchte, fand jedoch keinen Grund die Unabhängigkeit der BGR anzuzweifeln (( http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bundesanstalt-fuer-geowissenschaften-gutes-geld-fuer-steile-thesen-1.3054942 29.06.2016, aufgerufen am 13.07.2016 )).
Verschiedene Politiker der Grünen fordern jedoch inzwischen eine Überprüfung der bisherigen Studien, da eine unzulässige Einflussnahme durch die Martini-Stiftung nicht ausgeschlossen werden könne (( https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Extrakasse-Bundesanstalt-Gefaelligkeitsgutachten-Gorleben-Fracking,bundesanstalt104.html 29.06.2016, aufgerufen am 11.07.2016 )). Der Fall könnte abgesehen davon auch vor Gericht ausgetragen werden: Ende Juni wurden die BGR und die Martini-Stiftung bei der Staatsanwaltschaft Hannover wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit und Vorteilsgewährung angezeigt (( http://www.taz.de/!5315215/ 01.07.2016, aufgerufen am 13.07.2016 )).
Einen Eintrag über die BGR finden Sie auch in der Lobbypedia von LobbyControl.