Presseerklärung: Heile Welt und schmutzige Profite – Wie Konzerne und Finanzdienstleister Milliardengewinne auf Kosten von Mensch und Umwelt machen und sich ihrer Verantwortung entziehen

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Facing Finance***urgewald***FairFin***Whoprofits***Friends of the Earth Europe***Erklärung von Bern

(Berlin, 9.12.2014) – SPERRFRIST 11:00 – Anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte (10.12.) veröffentlicht FACING FINANCE e.V. den Bericht DIRTY PROFITS 3. Der Bericht ist ein zivilgesellschaftliches Kooperationsprojekt. Über 30 AutorInnen aus 10 Ländern weltweit haben ihn recherchiert und verfasst.

Der aktuelle Bericht dokumentiert stichprobenartig zahlreiche gravierende Verstöße gegen international etablierte Normen und Standards. Er analysiert 25 kontroverse Unternehmen, die im Jahr 2013 zusammen einen Umsatz in Höhe von 4,19 Billionen € erwirtschafteten und dabei einen Nettogewinn in Höhe von fast 450 Milliarden € erzielten. Ausgewählt wurden Unternehmen, die bereits bei einigen Investoren auf Ausschlusslisten stehen, gegen die Gerichtsverfahren laufen, die gegen internationales und nationales Recht verstoßen oder gegen die massive Vorwürfe und Anklagen von Medien und Zivilgesellschaft erhoben wurden. DIRTY PROFITS 3 untersucht wie diese Unternehmen von führenden europäischen Finanzinstituten unterstützt wurden.

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„Massive Menschenrechtsverletzungen, Korruption, Ausbeutung und Umwelt- sowie Klimazerstörung gehören offensichtlich immer noch zu den ausschließlich profitorientierten Geschäftsmodellen global agierender Unternehmen und ihrer Finanzdienstleister“, beklagt Thomas Küchenmeister von der NRO Facing Finance, einer Organisation, die sich für Menschen- und Umweltrechte einsetzt.

Der Bericht dokumentiert Konzerne aus der korruptionsanfälligen Pharmabranche, der allein in Indien Tausende Menschen als Folge von Medikamententests zum Opfer fielen. Ebenso stachen Unternehmen heraus, die gigantische CO2 Emissionen zu verantworten haben und damit das Klima dieses Planeten zerstören. „Firmen wie Chevron, Shell, Gazprom oder Coal India gehören zu den weltweit größten CO2-Produzenten. Wer ihr Geschäftsgebaren akzeptiert und finanziert, verabschiedet sich vom Ziel, die Erderwärmung auf maximal 2 Grad zu beschränken. Es wird Zeit, dass Banken und Investoren diesen Unternehmen endlich den Geldhahn zudrehen“, betont Regine Richter von urgewald.

Die NRO beklagen zudem massive Verletzungen der Arbeitsrechte in der Textilindustrie. „Solange Textilfirmen wie Gap oder Walmart die Verantwortung für die Arbeiterinnen und Arbeiter in ihren Lieferketten nicht wahrnehmen und sektorweite Verbesserungsmaßnahmen untergraben, werden die Näherinnen und Näher weiterhin unter unmenschlichen Bedingungen in unsicheren Fabriken zu Armutslöhnen arbeiten müssen“, betont Silvie Lang von der Clean Clothes Campaign Schweiz in Bezug auf die Weigerung zahlreicher Firmen, dem Gebäudesicherheitsabkommen für Bangladesch beizutreten sowie Opfer von Fabrikunglücken angemessen zu entschädigen.

Des Weiteren macht der Report auf die sprunghaft ansteigende Nachfrage nach Land aufmerksam. Seit dem Jahr 2000 sind mindestens 49 Millionen Hektar in Entwicklungsländern von Unternehmen angemietet oder angefragt worden. „Wir brauchen dringend Rechtsvorschriften, die dafür sorgen, dass Banken, Pensionsfonds und andere Investoren keine Unternehmen mehr unterstützen, die in illegale Landnahme (land grabbing) oder Umweltzerstörung involviert sind“, sagt Anne van Schaik vom NRO-Bündnis Friends of the Earth Europe.

Am Beispiel des Konzerns SodaStream thematisiert der Bericht darüberhinaus die als illegal und völkerrechtswidrig bezeichnete Geschäftstätigkeit internationaler Konzerne und israelischer Unternehmen in den von Israel kontrollierten Gebieten in Palästina. „Israelische und internationale Unternehmen nutzen die Besetzung der palästinensischen Gebiete aus, stärken die israelische Kontrolle über palästinensisches Gebiet und behindern oder verhindern sogar, dass sich eine unabhängige, palästinensische Wirtschaft in den besetzten Gebieten entwickelt“, kritisiert Rona Moran von der israelischen Organisation Whoprofits.

Der Bericht analysiert zudem aktuelle Verurteilungen und die damit verbundenen hohen Geldstrafen für Banken wie BNP und beklagt die gleichzeitig ausbleibende Kontrolle der Finanzdienstleister. „Wenn wir verhindern wollen, dass sich die Bankenkrise von 2008 und die vielen anderen Bankenskandale wiederholen, benötigen wir eine Reform des Bankensystems und mehr gesellschaftliche Aufsicht über die Finanzdienstleister,“ betont Frank Vanaerschot von der Organisation FairFin aus Belgien.

DIRTY PROFITS 3 analysiert zudem die Rolle führender europäischer Finanzinstitute für diese Unternehmen. Einerseits ermöglichen Finanzdienstleister wie Barclays, die Deutsche Bank, HSBC, oder BNP Paribas mit ihren profitablen Finanzierungen die Umsetzung von Projekten, die zu Umweltzerstörungen und Menschenrechtsverletzungen beitragen. Andererseits profitieren Finanzinstitute und ihre Kunden über Unternehmensbeteiligungen von diesen Verstößen.

Im Untersuchungszeitraum (01/2012-08/2014) beläuft sich die Summe der Finanzbeziehungen, die die 24 untersuchten Finanzinstitute zu den ausgewählten 25 kontroversen Konzernen unterhalten, auf ca. 144 Mrd. €. Recherchiert wurde dies von der niederländischen Agentur PROFUNDO. Davon lassen sich 67 Milliarden € den ausgewählten CO2-Hauptemittenten zuordnen sowie weitere fast 29 Milliarden € kontroversen Rohstoff- und Bergbau-Unternehmen. Richtlinien der Finanzindustrie, soweit diese existieren, verhindern solche Finanzierungen bzw. Beteiligungen häufig nicht, da sie zu unverbindlich sind oder nicht angewendet werden. Entsprechende gesetzliche Regelungen existieren bislang nicht.

DIRTY PROFITS 3 dokumentiert eine Reihe von Selbstverpflichtungen der Konzerne und Finanzdienstleister, die diese für ausreichend halten. „Leider reichen die unverbindlichen Selbstverpflichtungen der Finanzdienstleister und Konzerne bei weitem nicht aus, um massive Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen zu verhindern,“ beklagt Thomas Küchenmeister und fordert mehr rechtlich verbindliche Verpflichtungen für Unternehmen und Finanzdienstleister, um eine gebührende menschenrechtliche Sorgfalt im globalen Geschäfts- und Finanzverkehr sicherzustellen. Dirty Profits 3 setzt sich dementsprechend für eine rasche Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte ein.

Eine pdf-Version des Berichtes finden Sie hier.
Die Vollversion der Profundo-Finanzrecherche finden Sie hier.
Eine pdf version dieser Presseerklärung finden Sie hier.

Bei Rückfragen und Interviewwünschen wenden Sie sich bitte an:
Thomas Küchenmeister
FACING FINANCE e.V.
Schönhauser Allee 141 – HINTERHAUS 2
10437 Berlin
Tel: 0049 0175-49 64 082

Mehr Informationen unter: www.facing-finance.org