Fast Fashion und niedrige Löhne – Was deutsche Investoren zu fairen Arbeitsbedingungen in H&M´s Fabriken beitragen können

Kleidung der Marke H&M ist aus den meisten Kleiderschränken in Deutschland nicht wegzudenken. Unter Jugendlichen war H&M im Jahr 2015 zusammen mit der Sportmarke Nike die bekannteste Modemarke ((https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/mode-unter-jugendlichen-greenpeace-umfrage.pdf)).

Doch wie sieht es mit den Arbeitsbedingungen und Lohnstrukturen in den Zulieferketten aus? Die Studie „Broke in Bangladesh“ von Future in Our Hands, Fair Action und dem norwegischen und schwedischen Fair Finance Guide zeigt, dass die Lohnstrukturen in den Zulieferländern wie beispielsweise Bangladesch, oft nicht einmal die Anforderungen an ein Existenzminimum erfüllen. Für das Existenzminimum gilt die Definition, dass Grundbedürfnisse für die Angestellten sowie ihre Familie gedeckt sein müssen. In weitreichenderen Definition beschreibt das Existenzminimum außerdem, dass eine normale Arbeitswoche 48 Arbeitsstunden nicht überschreiten darf, und dass ein frei verfügbares Einkommen bereitgestellt werden soll.

Die neue Studie zeigt, dass sowohl H&M als auch andere Marken, die in Bangladesch produzieren, oft nicht den gesetzlichen Mindestlohn bezahlen. Selbst wenn der gesetzliche Mindestlohn bezahlt wird, liegt dieser in Bangladesch nur minimal über der weltweiten Armutsgrenze und reicht somit nicht aus, um die Grundbedürfnisse der Angestellten und deren Familien zu decken. Der gesetzliche Mindestlohn in Bangladesch beträgt 81 € pro Monat. Unterschiedliche Gewerkschaften fordern jedoch einen Mindestlohn von 161 € und andere Initiativen verlangen eine Erhöhung auf 379€ pro Monat, da der gesetzliche Mindestlohn den Lebensunterhalt nicht ausreichend abdeckt. Das durchschnittliche Einkommen der in der Studie befragten Beschäftigten, ohne die Einbeziehung von Überstunden, liegt dagegen nur bei 73 € pro Monat und damit 2 € unter der von der Weltbank festgelegten Armutsgrenze von 75 € pro Monat ((https://fairfinanceguide.se/media/494728/fairaction-bankrapport_20190131.pdf)).

Viele der befragten Arbeiter*innen sagen, dass sie viele Überstunden machen müssen. Dabei arbeiten sie oft 10-13 Stunden am Tag, sechs Tage die Woche, wobei bei großen Aufträgen an die Firma auch sieben Arbeitstage keine Seltenheit sind. Viele der Beschäftigten müssen sich – vor allem wenn es besondere finanzielle Belastungen wie einen Arztbesuch gibt – Geld leihen und verschulden sich somit schnell. Dies betrifft in den meisten Fällen Frauen, denn 80% der Beschäftigten in der Textilindustrie in Bangladesch sind weiblich ((https://fairfinanceguide.se/media/494728/fairaction-bankrapport_20190131.pdf)).

H&M gilt als wichtigster Abnehmer von Kleidung die in Bangladesch produziert wird. Bangladeschs Wirtschaft ist stark von der Bekleidungsindustrie geprägt und unterschiedliche Modelabels tragen zur Schaffung von Arbeitsplätzen sowie zum Bruttoinlandsprodukt bei. Durch diese Position wären die Modelabels in der Lage, faire Arbeitsbedingungen zu schaffen und Lohnstrukturen in der Bekleidungsindustrie zu verbessern.

Um H&M anzuhalten, seinen Verpflichtungen als Arbeitgeber nachzukommen, tragen auch deutsche Investoren und Finanzinstitute eine große Verantwortung. Durch die finanzielle Beteiligung an Unternehmen haben Investoren, wie beispielsweise BlackRock Deutschland, die DWS (gehört zur Deutschen Bank), die Hamburger Sparkasse, die ERGO Kapitalanlagegesellschaft oder die DEKA Investment ((https://eikon.thomsonreuters.com/index.html)) die Möglichkeit, mit den Unternehmen in einen Dialog zu treten und so Änderungen der Geschäftspraktiken anzustoßen.

Als Anfang für eine Diskussion über die Lohnstrukturen kann eine von H&M getätigte Zusicherung aus dem Jahr 2013 herangezogen werden, die, wohl auf Druck von Investoren, erklärt, dass bis 2018 an bis zu 850 000 Arbeiter*innen in der Zulieferkette ein existenzsichernder Lohn gezahlt werden soll ((https://fairfinanceguide.se/media/494728/fairaction-bankrapport_20190131.pdf)). Dieses Versprechen wurde nun angepasst und beschreibt nun nur noch die „Zahlung von verbesserten Löhnen“. Damit wird der Spielraum über das Gehalt der Arbeiter*innen wieder größer und ermöglicht es H&M, das Existenzminimum zu umgehen. Für die Arbeiter*innen und ihre Familien heißt das, dass sie weiterhin nicht ihre Grundbedürfnisse decken können ohne sich in finanzielle Abhängigkeiten zu bringen.

Um die Lebensbedingungen der Arbeitnehmer*innen zu verbessern und das Potenzial der von H&M geschaffenen Arbeitsplätze auszuschöpfen, können deutsche Investoren Druck ausüben und sich für faire Löhne einsetzen.